Abenteuer auf der Taiwanstraße: Wie die deutsche Marine mal eben den kürzesten Weg nahm – und Peking Schnappatmung bekam

Chaos Karma Coder, 15.09.2024

Die deutsche Marine fährt also mal wieder auf Sightseeing-Tour – und das direkt durch die wohl kontroverseste Autobahn der Welt: die Taiwanstraße. Kein Wunder, dass Peking da schnappatmend am Fenster steht und uns mit einem Blick bedenkt, der irgendwo zwischen „Was fällt euch ein?“ und „Seid ihr irre?“ pendelt. Aber hey, internationale Gewässer sind internationale Gewässer, oder? So zumindest sieht es unser Verteidigungsminister Boris Pistorius, der sich damit brüstet, einfach mal den kürzesten Weg genommen zu haben. Schließlich ist der Umweg über die Antarktis ja auch wirklich nicht zumutbar. Wetterlage und so.

Man könnte fast meinen, die Marine sei auf einer Klassenfahrt und der Lehrer habe entschieden, dass man ruhig mal durch den Schulhof der übel gelaunten, großen Jungs gehen kann. Wäre ja schade, wenn man die extra Kilometer auf sich nehmen müsste, nur weil der Typ auf dem Pausenhof behauptet, es sei alles sein Land. Und was sagt Pistorius dazu? „Es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch.“ Übersetzt heißt das wohl: „Wir machen das immer so, weil wir’s können.“ Da klingt fast ein bisschen Stolz durch – immerhin sind wir mit unserer Aktion seit 22 Jahren die ersten Europäer, die sich durch die Taiwanstraße trauen. Respekt.

Natürlich meldet sich auch prompt das chinesische Außenministerium, das uns in scharfen Tönen davor warnt, die heilige Ruhe des Reichs der Mitte zu stören. Provokation? Nein, nein, sagt Deutschlands ranghöchster Soldat Carsten Breuer: „Wir provozieren hier gar nichts, das ist international anerkanntes Recht.“ Klar, weil Recht immer so schön schwarz-weiß ist, besonders in der Geopolitik. Dass China das anders sieht? Ach, Detailfragen. Die Grenzen des internationalen Rechts liegen bekanntermaßen im Auge des Betrachters – oder desjenigen, der die dicksten Kanonen hat.

Die Reaktion aus Peking kommt also nicht unerwartet: „Unter dem Deckmantel der Schifffahrtsfreiheit“ würden Länder „Provokationen und Drohungen“ ausüben. Da muss man sich schon fragen: Sind die deutschen Fregatten jetzt heimliche Freibeuter auf der Suche nach Schatzinseln, oder doch nur auf harmloser Schulwegkontrolle? Das werden wir wohl nie erfahren. Klar ist nur, dass sich Deutschland im Pazifik aufmacht, um Nordkorea auf die Finger zu klopfen, UN-Sanktionen zu überwachen und dabei ganz nebenbei noch ein paar diplomatische Fettnäpfchen mitzunehmen. Business as usual.

Ironischerweise ist diese Marine-Show ein Paradebeispiel dafür, wie internationale Beziehungen heutzutage funktionieren: Ein bisschen Drohkulisse hier, ein wenig Rechtsauslegung da, und schon hat man eine Situation, bei der alle Beteiligten versuchen, das Pokerface zu bewahren. Wer blufft am besten, wer zieht zuerst den Joker? Während die „Baden-Württemberg“ und die „Frankfurt am Main“ ihre Reise fortsetzen, dürfte man sich in Berlin schon mal einreden, dass das alles völlig normal ist. Nur ein weiterer Tag im globalen Machtpoker.

Und so steuern wir weiter durchs diplomatische Minenfeld, immer mit dem Mantra: „Es sind internationale Gewässer!“ Schließlich haben wir ja Kartenlesen gelernt – und das reicht völlig, um mit einem lässigen Achselzucken durch den wohl brisantesten Straßenzug der Seefahrt zu gleiten. Klar, es könnte ja auch regnen.

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