Big Brother im Ray-Ban-Style: Wenn deine Sonnenbrille weiß, wo du gestern gegessen hast
Chaos Karma Coder, 04.10.2024
Ah, Meta und Ray-Ban – eine Partnerschaft, die niemand wusste, dass er sie braucht, aber die plötzlich da ist, um uns mit einem Lächeln im Gesicht zu überwachen. Ein bisschen wie eine Sonnenbrille, die dich nicht nur vor UV-Strahlen schützt, sondern dich auch gleich vor der Illusion bewahrt, dass Privatsphäre noch irgendetwas zählt. Dank zwei Harvard-Studenten haben wir jetzt das Vergnügen, zu wissen, dass wir nur noch eine smarte Brille davon entfernt sind, dass selbst der Typ mit dem bedruckten T-Shirt an der Bushaltestelle unsere Telefonnummer kennt.
Doch fangen wir von vorne an: Es war einmal eine “schlaue” Brille, die – wie Meta stolz verkündet – so unauffällig ist, dass du sie nicht mal bemerkst. Und das ist auch die Idee. Musik hören, telefonieren und sich dabei wie ein absoluter Geheimagent fühlen. Fehlt eigentlich nur noch der unsichtbare Umhang und die Lizenz zum Datenschutz-Verbrechen. Aber zwei Studenten dachten sich: „Warum sich mit Spionage auf Kindergarten-Niveau zufriedengeben?“ Und so kam Projekt I-XRAY zustande – der ultimative Streich, der dir nicht nur sagt, wie der Fremde heißt, der im Café neben dir sitzt, sondern dir gleich noch seine komplette Lebensgeschichte auf dem Silbertablett serviert. Oh, und das Beste? Die Software läuft so unauffällig, dass du in der gleichen Zeit, die du brauchst, um dein Selfie auf Instagram hochzuladen, zur wandelnden Wikipedia-Seite wirst.
Aber keine Sorge, es dauert immerhin eine Minute, bis das System alle verfügbaren Daten von dir durchwühlt und deinen Namen, Adresse, Telefonnummer und – wer weiß – die Vorlieben deines Haustiers herausfindet. Eine Minute. In Zeiten, in denen man seine Pizza schneller geliefert bekommt, ist das schon fast beruhigend. Ganz im Ernst, was könnte man in dieser Minute schon groß anrichten? Außer, naja, das Grundvertrauen in die Menschheit weiter zu zerstören.
Interessant ist auch, wie die Studenten ihre Erfindung verkaufen: Es sei doch nur eine „Warnung“. Eine Art schmunzelndes „Seht her, so einfach ist es, die Privatsphäre von Passanten zu pulverisieren“. Sie nennen es Aufmerksamkeit erregen. Klar, eine gute Taktik. Nichts bringt mehr Klicks als ein gruseliger Blick in die düstere Zukunft, in der du dir nicht sicher sein kannst, ob dich der nette Typ an der Supermarktkasse anlächelt oder gleich dein Instagram-Feed durchstöbert, um zu sehen, ob du lieber Sushi oder Pizza magst. Und das alles, während du brav deine Einkäufe einscannst.
Ach, und bevor jemand fragt: Ja, die Brille ist nur Mittel zum Zweck. Du könntest das gleiche Kunststück auch mit deinem Smartphone vollbringen. Doch, so die Schöpfer, es gehe nur darum, die Sache möglichst „unauffällig“ zu machen. Weil wenn du schon die Grundrechte deiner Mitmenschen mit Füßen trittst, solltest du dabei auch schick aussehen, oder?
Man stelle sich vor: Früher war es schlimm, wenn dein Chef dich bei einem privaten Telefongespräch erwischte. Heute könnte er wissen, was du gestern im Netz gesucht hast, bevor du überhaupt „Hallo“ gesagt hast. Und ja, das Ganze wurde mithilfe von ChatGPT programmiert. Offenbar kann die KI nicht nur deine Hausaufgaben erledigen, sondern dich auch in den nächsten Super-Überwachungsstaat befördern. Herrlich, oder?
Letztlich zeigt dieses Experiment vor allem eins: Unsere Welt ist so kaputt, dass wir ständig am Rande der nächsten Dystopie balancieren. Und die Harvard-Studenten haben uns einen kurzen Blick auf das gewährt, was uns da erwartet – mit einem diabolischen Lächeln und einer Brille auf der Nase. Jetzt bleibt uns nur noch zu hoffen, dass sie das nächste Mal, wenn sie „aufmerksamkeitsheischend“ tätig werden, nicht eine smarte Kontaktlinse oder – wer weiß – ein unsichtbares Stirnband programmieren. Bis dahin ziehe ich meine alte Sonnenbrille wieder auf. Die kann wenigstens nur eines: mich vor der Sonne schützen.